Sehr geehrter Herr Landrat Eininger, sehr geehrte Damen und Herren,
wir bedanken uns für die ausführlichen Schulstatistiken. Vielen Dank für die ergänzende Statistik über die Zahlen inklusiv beschulter Schüler:innen.
Mit großer Besorgnis nehmen wir die steigenden Schülerzahlen an den SBBZ zur Kenntnis während gleichzeitig die Zahl der inklusiv beschulten Kinder sinkt. Und dies 15 Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenkonvention, bei der es in Artikel 24 zum Recht auf Bildung heißt:
Bei der Verwirklichung dieses Rechts (auf Bildung) stellen die Vertragsstaaten sicher, dass
a) Menschen mit Behinderung nicht aufgrund von Behinderungen vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom
unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden;
b) Menschen mit Behinderung gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem inklusiven, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben;
c) angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des einzelnen getroffen werden;
Die Zahl der Kinder in gruppenbezogenen Lösungen und bei Einzelintegration sank im Kreis Esslingen innerhalb eines Jahres von70 auf 50 Schüler:innen. Das ist ein Rückgang um fast 30%. Diese Zahlen entsprechen Studien der Bertelsmannstiftung, die zeigen, dass sich die Exklusionsquote in verschiedenen Bundesländern in den letzten Jahren verringert hat, Baden-Württemberg aber neben Bayern zu den Ländern mit steigenden Exklusionsraten gehört. Nach dem Bildungsbericht Baden-Württemberg gehört Esslingen im Vergleich zu anderen Kreisen in BW zu den Schlusslichtern in Sachen Inklusion.
Die sogenannten Kooperativen Organisationsformen stellen keine wirkliche Inklusion dar, da sie das Ziel verfehlen, dass jedes Kind mit Behinderung eine wohnortnahe Schule besuchen kann. Bei Inklusion geht es nach unserem Verständnis um das Aufwachsen des Kindes in seiner sozialen Gemeinschaft, also gemeinsam mit Kindergartenfreunden, Geschwister- und Nachbarskindern. Dies kann in den kooperativen Organisationsformen nicht gewährleistet werden. Es ist mehr als ernüchternd, dass in den letzten beiden Schuljahren gerade mal 4 bzw. 6 Kinder mit geistiger bzw. körperlich oder motorischer Einschränkung wirklich inklusiv beschult wurden.
Wir hören immer wieder, dass die SBBZ mir ihrer exzellenten Ausstattung die besten Fördermöglichkeiten für Kinder mit Behinderungen bieten. Dies lässt völlig außer Acht, dass das Lernen von anderen Kindern durch nichts zu ersetzen ist. Und ich meine das beidseitig: Den Umgang mit Verschiedenheit lernt man nur, wenn man vom Kindergarten über die Schule bis ins Erwachsenenalter Menschen in all ihrer Vielfalt begegnen kann.
Betroffene Eltern berichten uns, dass der Weg zu einer inklusiven Beschulung trotz des im Schulgesetz verankerten Elternwahlrechts extrem anstrengend und hürdenreich istund dass sich insbesondere Eltern von inklusiv beschulten Kindern großen Herausforderungen gegenübergestellt sahen. Nicht alle Eltern bringen die Kraft auf, diesen Weg zu gehen. Wir freuen uns deshalb sehr darüber, dass uns Frau Dr. Schimitzek und Herr Schmitt-Stephan heute für Fragen zur Verfügung stehen und hoffen sehr, dass Sie uns Wege aufzeigen können, wie die inklusive Beschulung im Kreis Esslingen vorangebracht werden kann und wie gewährleistet kann, dass Inklusion auch gelingt. Wir würden gerne wissen, wie das Schulamt inklusiven Schulbesuch fördert und was die Gründe sind, dass die Zahlen inklusiv beschulter Schüler:innen so stark zurückgegangen sind.
Für die Fraktion
Dr. Gabriele Klumpp