Antisemitismus ist auch 85 Jahre nach der Shoah noch tief bis in unsere gesellschaftliche Mitte hinein verbreitet. Jüdisches Leben ist in Baden-Württemberg wieder bedroht. Das können, dürfen und wollen wir so nicht stehen lassen!
Wie fast überall sonst auf der Welt muss es besonders geschützt werden. Der physische Schutz ist bei unserer Polizei in guten Händen. Das jüdische Leben muss aber auch vor Delegitimierung geschützt werden.
Antisemitismus mag bei Judenfeindlichkeit beginnen – doch das Bedürfnis, Schuldige zu finden, statt Probleme zu lösen, erschüttert die Grundfeste unserer Demokratie an sich.
Mit dem Amt des Antisemitismusbeauftragten der Landesregierung haben wir daher ein klares Zeichen gesetzt: Wir stehen an der Seite der Jüdinnen und Juden. Der Bericht unseres Antisemitismusbeauftragten Dr. Michael Blume macht einmal mehr deutlich, dass der Kampf gegen Antisemitismus eine Daueraufgabe ist. Und gerade die aktuelle Situation zeigt, wie wichtig ein gut aufgestellter Landesbeauftragter ist.
Antisemitismus gibt sich nicht immer klar zu erkennen. Er versteckt sich getarnt als vermeintliche Israel-Kritik, als vorgeblicher Anti-Zionismus oder Anti-Kolonialismus: Antisemitismus mischt sich unter legitime Kritik wie ein unsichtbares Gift.
Häufig findet sich Antisemitismus in neuen Verschwörungsmythen. Das beste Beispiel der vergangenen Jahre war die sogenannte Querdenken-Bewegung. Hier fanden viele antisemitische Stereotype Widerhall, die vorher schon in esoterischen Bewegungen immer wieder sichtbar wurden. Der Antisemitismus ist aber weit über solche Bewegungen hinaus verbreitet. Und er ist nicht, wie manche gerne behaupten, ein rein zugewandertes Problem. Ganz klar: Es gibt migrantische Communities, in denen er stark verbreitet ist: Menschen aus dem Umfeld der kürzlich verbotenen Organisation Samidon, der Salafisten, der rechtsextremen Grauen Wölfe und von Islamisten. Und daher muss allen Menschen, die zu uns kommen, bewusst sein, dass hier kein Platz für antisemitische Haltungen ist, dass bestimmte Regeln gelten und dass Extremismus entschieden bekämpft wird.
Antisemitismus findet sich in allen Milieus unserer Gesellschaft, er reicht von weit links über die Mitte nach ganz rechts ins politische Spektrum. Er ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Ich bin Fridays for Future Deutschland dankbar, dass sie schnell und deutlich auf den Antisemitismus in ihrer globalen Bewegung reagiert und sich distanziert haben. Dieses Signal der Distanzierung war wichtig.
Der Antisemitismusbericht von Dr. Michael Blume macht sehr deutlich, dass die zentrale Basis für die Arbeit gegen Antisemitismus Bildung ist. Alle jungen Menschen in Baden-Württemberg müssen wissen, was Antisemitismus bedeutet und wie man ihm im Alltag entgegentreten kann. In und außerhalb der Schule.
Zwei ganz konkrete Maßnahmen, die ich mir dabei vorstelle, sind:
1. ein deutsch-israelisches Jugendwerk aufzubauen, um den Austausch zwischen jungen Menschen, ja - Begegnungen zu schaffen.
2. Mehr Städtepartnerschaften, damit Kommunen Verantwortung in der Antisemitismusprävention übernehmen können.
Jüdinnen und Juden sind Teil unseres lebendigen und toleranten Baden-Württembergs. Das wird und darf sich nicht ändern. Denn durch Austausch und Begegnungen können wir Brücken bauen und den Zusammenhalt unserer Gemeinschaft stärken
Nie wieder ist jetzt!
Von Andreas Schwarz MdL